Wissenschaftliche Ziele: Ethische Dimensionen gesellschaftlicher Transformationen verstehen

Das Projekt ÖKO-Valuation versteht sich als Beitrag zur sozial-ökologischen Transformationsforschung. Ziel ist es, am Beispiel der untersuchten Bio-Musterregionen die Bedeutung von Werten und Normen für transformative Veränderungen besser zu verstehen. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob es einen „Wertewandel“ braucht und wie dieser zu gestalten wäre; zum anderen geht es darum, Wechselwirkungen zwischen materiellen, praktischen und normativen Aspekten von Transformationsprozessen zu erhellen. Mit Blick auf offene methodische Fragen in der transdisziplinären Forschung sollen zudem Kenntnisse, Formate und Werkzeuge erarbeitet werden, die es ermöglichen, tiefliegende Wertorientierungen auszudrücken und diskursiv zu bearbeiten.


Praktische Ziele: Akteure verstehen, vernetzen und fördern

In der Praxis will ÖKO-Valuation die Verständigung der Akteure vor Ort verbessern und damit einen breit getragenen Transformationsprozess unterstützen. Konkret sollen Kooperationen zwischen landwirtschaftlichen Betrieben, verarbeitendem Gewerbe, Handel und Verbraucher/innen ermöglicht werden, die eine Hebelwirkung für eine stärker ökologische Ausrichtung des gesamten regionalen Ernährungssystems entfalten können. In diesem Prozess gilt es, verschiedene Blickwinkel anzuerkennen und über Unterschiede hinweg Gemeinsamkeiten zu identifizieren, die Kooperation möglich machen. Das Projekt soll Kenntnisse, Fähigkeiten und Werkzeuge erarbeiten, die sich auf verschiedenen räumlichen Ebenen für Strategien zur Förderung des ökologischen Landbaus nutzen lassen. Die in den Bio-Musterregionen gewonnenen Erkenntnisse sollen modellhaft für andere Regionen anwendbar sein.

Das Projekt fokussiert auf vier Themen, die in aktuellen Debatten eine bedeutsame Rolle spielen – auch wenn die einzelnen Gruppen unterschiedliche Perspektiven darauf haben: Tierwohl, Biodiversität, Anerkennung und Selbstbestimmung. Für jedes Thema zeichnen sich Herausforderungen, aber auch erste Ideen für mögliche Lösungsansätze ab.

Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Website Ökovaluation - Werte und Normen in der Landwirtschaft.

Herausforderungen:
Landwirte/innen im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Zwischen dem generell Wünschenswerten und dem lokal Sinnvollen bzw. ökonomisch und technisch Machbaren liegt eine Kluft, die nicht ohne weiteres zu überbrücken scheint; Verbraucher/innen zwischen Verantwortung und Überforderung: Welche Rolle spielt individuelles Konsumverhalten bei der Integration von mehr Artenschutz in die landwirtschaftliche Praxis?

  • Mögliche Ergebnisse:
    Formulierung konkreter Ziele für lokale Maßnahmen des Biodiversitätsschutzes, die in die Bewirtschaftung einbezogen sind und von Konsumenten/innen honoriert werden

Herausforderungen:
Landwirte/innen und Verbraucher/innen sehen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt, selbst zu entscheiden, und fühlen sich von anderen (Markt, EU, Techniken oder Gesetze) gegängelt

  • Mögliche Ergebnisse:
    Entwicklung von Angeboten und Maßnahmen, die die unterschiedlichen Akteure darin unterstützen, selbstbestimmt verantwortungsvoll zu handeln (z.B. Ausbau von Direktvermarktungsstrukturen)

Herausforderungen:
Landwirte/innen wünschen sich mehr gesellschaftliche Anerkennung (nicht nur in ökonomischer Hinsicht); Verbraucher/innen wünschen sich mehr Verständnis für komplexe Lebenswirklichkeiten, die ihre Handlungsfreiheit beschränken

  • Mögliche Ergebnisse:
    Anerkennung unterschiedlicher Wirklichkeiten und Ausbau von Strukturen, die es leichter machen, „das Richtige“ zu tun (z.B. Ausbau des Zugangs zu Bio-Produkten für marginalisierte Gruppen)

Herausforderungen:
Landwirte/innen empfinden den Umgang mit Kälbern und Altkühen als ethisch unbefriedigend, im Bewusstsein der Verbraucher/innen spielt das Thema eine geringere Rolle; weite Transportwege für Tiere, da es ortsnah keine Schlachthöfe gibt

  • Mögliche Ergebnisse:
    Aufbau neuer Verwertungsstrukturen; größere lokale Nachfrage nach „nose-to-tail“-Angeboten

Kontakt

Universität Hohenheim
Fachgebiet Gesellschaftliche Transformation und Landwirtschaft (430b)
Prof. Dr. Claudia Bieling
Schloss Hohenheim 1 C (Museumsflügel)
70599 Stuttgart
Tel.: 0711 / 459-24029
Email: claudia.bieling@uni-hohenheim.de
Website: Ökovaluation - Werte und Normen in der Landwirtschaft